Vergangene ausstellung

Folklore & Avantgarde
Die Rezeption volkstümlicher Traditionen im Zeitalter der Moderne
Kaiser Wilhelm Museum

Mit der Ausstellung „Folklore & Avantgarde“ werfen die Kunstmuseen Krefeld einen neuen Blick auf die Kunst des frühen 20. Jahrhunderts. Meist wird das Zeitalter der Moderne mit der Abkehr von Traditionen und einem neuen universellen Anspruch in der Kunst in Verbindung gebracht. Die Krefelder Schau widmet sich anlässlich des einhundertsten Bauhaus-Jubiläums nun erstmals umfassend dem Einfluss von lokalen volkstümlichen Traditionen – insbesondere von Kunsthandwerk und Volkskunst – auf die Protagonisten der Avantgarde bei der Entwicklung einer neuen künstlerischen Sprache. Die bislang größte Ausstellung der Kunstmuseen Krefeld bewertet die Entstehungsbedingungen der Avantgarde vor einhundert Jahren neu. Leihgaben aus aller Welt bieten überraschende Einblicke in diese aufregende, kontrastreiche Zeit. Das Kaiser Wilhelm Museum, das seit seiner Gründung Verbindungen zwischen Kunst und Alltagskultur schuf, ist für diese Ausstellung ein idealer Ort.

Im Fokus stehen Schlüsselpositionen der frühen Avantgarde-Entwicklung in Europa und den USA. Die Schau verortet die ausgestellte Kunst dabei innerhalb der zeitgenössischen Kontexte. Auf diese Weise werden die Ausstellungsthemen für heutige Fragestellungen unmittelbar relevant. In einer Ausstellungsarchitektur von mvprojekte, die mit Fachwerk-Bezügen das Ausstellungsthema ideenreich reflektiert, präsentiert die Ausstellung über 350 internationale Leihgaben aus 38 privaten und öffentlichen Sammlungen zusammen mit ausgewählten Exponaten aus dem Krefelder Bestand.

Zwölf thematische Kapitel beleuchten die Komplexität und Vielfalt der künstlerischen Auseinandersetzungen mit der Volkskunst. Während Künstlerinnen und Künstler wie Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch, Natalja Gontscharowa einerseits einen Bruch mit den Traditionslinien der Kunst behaupten und ein neues Zeitalter einzuläuten versuchen, befassen sie sich andererseits intensiv mit Formensprachen und Techniken, die durch Brauchtum und Volkskunst aus nahezu allen Teilen der Welt geprägt sind. Picasso begeistert sich für afrikanische Masken, Gabriele Münter sammelt oberbayerische Hinterglas- und Votivmalerei, Elie Nadelmann amerikanische Volkskunst. Anni und Josef Albers begeben sich auf die Spuren der indigenen mexikanischen Kunst. Zu den besonders augenfälligen Beispielen zählt Josef Albers‘ Adobe-Serie, die von den Strukturen und Farben der Pueblo-Architektur amerikanischer Ureinwohner im Südwesten der USA und in Mexiko inspiriert ist. Wasily Kandinskys spätere abstrakte Werke zeugen von seiner Beschäftigung mit der Schamanenkunst während einer ethnografischen Expedition im Norden Russlands.

Die Ausstellung ist ein Beitrag zum Verbundprojekt „100 jahre bauhaus im westen“ des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW sowie der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Schirmherrin ist Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.

Ein Katalog zur Ausstellung mit Texten von Katia Baudin, Elina Knorpp, Paul N'Guessan-Béchié, Gerda Breuer, Valery Dymshyts, Magdalena Holzhey, Jevgenia Iljukhina, Marjorie Jongbloed, Christina Kallieris, Wolfgang Kaschuba, Ákos Moravánszky, Erik Näslund, Valerie Rousseau und Virginia Gardner Troy wird beim Hirmer Verlag erscheinen (dt./engl.).

Kuratorinnen
Katia Baudin, Direktorin der Kunstmuseen Krefeld
Elina Knorpp, Kunsthistorikerin, Köln

Ausstellungsarchitektur
mvprojekte, Köln
Meyer Voggenreiter und Nicole Miller

Künstlerinnen und Künstler (Auswahl)
Anni Albers, Josef Albers, Theodor Bogler, Constantin Brancusi, Heinrich Campendonk, Marc Chagall, Nils Dardel, Sonia Delaunay, Johannes Driesch, Paul Gauguin, Natalija Gontscharowa, Marsden Hartley, Morris Hirshfield, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Michail Larionow, Le Corbusier, Otto Lindig, El Lissitzky, Heinrich Macke, Kasimir Malewitsch, Gerhard Marcks, Gabriele Münter, Elie Nadelman, Pablo Picasso, Nico Pirosmani, Charles Sheeler, Sophie Taeuber-Arp, Johan Thorn Prikker, Frank Lloyd Wright sowie Beispiele der Volkskunst

Leihgeber (Auswahl)
American Folk Art Museum, New York; Centre National des arts plastiques, Paris; Dansmuseet Stockholm; Gerhard-Marcks-Haus, Bremen; Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig; Hetjens Keramik Museum, Düsseldorf; Ikonen Museum, Recklinghausen; Josef and Anni Albers Foundation, Bethany (Connecticut); Kirchner-Museum, Davos; Lenbachhaus, München; Musée d’art et d’histoire du Judaïsme, Paris; Musée national Picasso-Paris; Museum of Fine Arts, Boston; Museum Folkwang, Essen; Museum für Gestaltung, Zürich; Museum Ludwig, Köln; New York Historical Society; Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln; Stedelijk Museum, Amsterdam; Stiftung Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp e.V., Remagen; The Jewish Museum, New York; Tretyakov Galerie, Moskau; Van Abbemuseum, Eindhoven

Ausstellungsansicht, Blick in den ersten Ausstellungsraum, im Zentrum historische Ausstellungsplakate des Kaiser Wilhelm Museums, Foto: Dirk Rose
Ausstellungsansicht, Blick in den ersten Ausstellungsraum, im Zentrum historische Ausstellungsplakate des Kaiser Wilhelm Museums, Foto: Dirk Rose
Ausstellungsansicht, von Michail Larionow entworfene Kostüme für das Ballett Chout (Der Narr, 1921 in Paris uraufgeführt) im Dialog mit Kostümskizzen von Natalja Gontscharowa, Foto: Dirk Rose
Ausstellungsansicht, von Michail Larionow entworfene Kostüme für das Ballett Chout (Der Narr, 1921 in Paris uraufgeführt) im Dialog mit Kostümskizzen von Natalja Gontscharowa, Foto: Dirk Rose
Ausstellungsansicht, eine Schamanentrommel im Dialog mit Skizzen und Malereien von Wassily Kandinsky, die nach seiner ethnografischen Expedition nach Russland entstanden sind, Foto: Dirk Rose
Ausstellungsansicht, eine Schamanentrommel im Dialog mit Skizzen und Malereien von Wassily Kandinsky, die nach seiner ethnografischen Expedition nach Russland entstanden sind, Foto: Dirk Rose