Vergangene ausstellung

Julius Popp Transposition, Adolf Luther Kunst, Wissenschaft, Technik
Haus Lange

Preisverleihung und Eröffnung: 11. Juli 2010, 11.30 Uhr, Museum Haus Lange
Einführung: Dr. Magdalena Broska
Laudator: Prof. Dr. Stephan Berg

Der in Leipzig lebende Künstler Julius Popp erhält den siebten Kunstpreis der in Krefeld ansässigen Adolf-Luther-Stiftung. Popp präsentiert eine Auswahl seines Werkes in der Ausstellung TRANSPOSITION. Die Ausstellung findet im Erdgeschoß von Haus Lange statt. Parallel zeigt die Adolf-Luther-Stiftung aus Anlass ihres zwanzigjährigen Bestehens im Obergeschoss vom Museum Haus Lange die Ausstellung ADOLF LUTHER. KUNST, WISSENSCHAFT, TECHNIK. Die Ausstellungen sind eine Zusammenarbeit der Adolf-Luther-Stiftung und der Kunstmuseen Krefeld.

JULIUS POPP TRANSPOSITION
KUNSTPREISTRÄGER DER ADOLF-LUTHER-STIFTUNG 2010
Museum Haus Lange, Erdgeschoss

In der Begründung der Adolf-Luther-Stiftung für die Preisvergabe an den Künstler heißt es:
„Der durch die neuen Informationstechnologien bewirkte Wandel in Kultur, Gesellschaft und menschlichem Verhalten ist ein zentrales Thema der Arbeiten von Julius Popp. Seine großen, raumgreifenden Installationen aus natürlichen Elementen wie Wasser, Licht und Bewegung zeigen Facetten des Umgangs mit Informationen und Nachrichten und den ihnen zugrunde liegenden Strukturen. In Popps Werk vereinen sich experimentelles künstlerisches Denken und Handeln und kritisches Hinterfragen unserer digitalen Kultur auf überzeugend sinnliche Weise mit dem ästhetischen Modell der Kunst.“

Seinen internationalen künstlerischen Durchbruch hatte Julius Popp mit der Installation bit-fall (2001/2006), einem Wasserfall, der Buchstaben und Wörter visuell erzeugt. In der Krefelder Schau im Museum Haus Lange, die als eine Überblicksausstellung mit wichtigen Arbeiten von Julius Popp aus der bit series, der micro series und der macro series sowie neuen Arbeiten wie Untitled (2010) aus der bit series konzipiert ist, wird sie in einem Video dokumentiert.
Mithilfe eines Computerprogramms, das auf einem statistischen Algorithmus basiert, werden in bit-fall aktuelle Begriffe aus dem online zugeschalteten Internet in Sequenzen von Wassertropfen übersetzt. Das amorphe Medium Wasser wird zum Träger kultureller Informationen, die nur für einen Bruchteil von Sekunden erkennbar sind und sich danach wieder auflösen. bit-fall ist eine Metapher für die Geschwindigkeit des heutigen Informationsflusses und die permanenten Veränderbarkeit von Wissen und Information.
Das Internet speichert Nachrichten und Begriffe und spuckt sie in millionenfachen Kombinationen wieder aus. Für diesen Prozess digitaler Vernetzung, der sich zwischen Auflösung und Formierung bewegt, findet Julius Popp wahrnehmbare Formen und Bilder in der analogen Welt der Kunst. In seiner neuesten Arbeit aus der bit series (Untitled, 2010) wird untersucht, wie sich Information im Raum ausbreitet. Eine Maschine wirft Hunderte von Tischtennisbällen als bits, die kleinste Einheit kodierter Information, in den Raum, wo sie sich unkontrolliert verteilen. Die anfangs als Wörter lesbaren Tischtennisball-Formationen breiten sich chaotisch im Raum aus. Der Besucher soll die zerstreute, zerschossene Information wieder aufsammeln, um so den kontinuierlichen Datenfluss aufrechtzuerhalten.
Auch in der Installation micro-perpendicularsΩ (2008-2011) wird der Betrachter einbezogen in ein interaktives Spiel beweglicher Formen. Die Arbeit besteht aus einer Reihe von Kapseln, in die Prozessoren eingebaut sind, die auf diverse Umwelteinflüsse reagieren: Luftströme, Bewegungen von Menschen im Raum sowie die Bewegung anderer Kapseln. Auf diese Weise entsteht ein flexibles System aus fortwährender Reaktion, Kommunikation und Anpassung. Die zu Forschungszwecken entwickelte Arbeit wird in Krefeld als Work-in-Progress gezeigt.
In der Arbeit bit.string (2007) gibt Julius Popp einem abstrakten Gedanken eine plastische, dreidimensionale Form. Auf jedem der drehbaren Zylindersegmente sind alle Buchstaben des Alphabets eingraviert. Will man ein Wort ‚schreiben', dreht man die jeweiligen Teile auf die Buchstabenmarkierungen. Jeder Buchstabe wird durch einen bestimmten Winkel repräsentiert - jedes Wort bekommt eine eindeutige, räumliche Form. Durch diese Kombinationen werden Wörter oder ganze Sätze physisch erfahrbar, die gewöhnlich als abstrakte Gedanken sowie Informationsteilchen in unserem Kopf zirkulieren.

Julius Popp beschäftigt sich mit der elementaren Gegenwärtigkeit digitaler Informationskultur und ihrer Aktualisierung in Bezug auf den Menschen. „Ich untersuche in meiner Arbeit die Unschärfe des Menschseins. Menschsein ist ein Prozess, der sich permanent verändert, anpasst und neu ausrichtet. Kultur verändert sich die ganze Zeit. Meine Installationen sind Bilder, mit denen die der Kultur zugrunde liegenden Strukturen langsam sichtbar werden.“

Zur Ausstellung entsteht ein Katalog.

ADOLF LUTHER KUNST, WISSENSCHAFT, TECHNIK
Museum Haus Lange, Obergeschoss

In Ergänzung zur Ausstellung ihres Kunstpreisträgers Julius Popp und aus Anlass ihres zwanzigjährigen Bestehens zeigt die Adolf-Luther-Stiftung im Haus Lange ausgewählte Werke des Krefelder Lichtkünstlers Adolf Luther (1912-1990).
Von den deutschen Künstlern, die zu Beginn der 1960er Jahre Abschied vom Tafelbild genommen haben, war Adolf Luther einer der konsequentesten. Glas, Metalle, Spiegel, Linsen, Laser und Rauch gehörten gleichermaßen zu den Mitteln seiner Kunst, mit denen er die radikale Abkehr vom gemalten Bild realisierte. Luthers Lichtkunst war eine Reaktion auf die Krise des Bildes; auf das Wirklichkeitsbild, das durch die Technik und wissenschaftliche Erneuerungen ins Wanken geraten war. „Ich meine […] nicht das farbenerzeugende Licht, sondern das Licht, wenn es noch Energie ist“, so hat der Künstler einst präzisiert. Gestützt auf die Lichttheorie von Planck und Einstein, die besagt, dass Licht sich als Korpuskel wie auch als Welle durch den Raum bewegt, wollte Luther den energetischen Wirklichkeitsbereich für die Kunst erschließen. Bereits in den 1960er Jahren entwickelte Luther seine Installationen aus Hohlspiegeln, Lasern und Prismen im Dialog mit Wissenschaftlern, Technikern und Ingenieuren der Industrie und überschritt damit früh die engen Grenzen der künstlerischen Disziplin.
Die Krefelder Ausstellung im Museum Haus Lange betont die wissenschaftliche Vorgehensweise des Künstlers und zeigt die bekannten Lichtobjekte und Rauminstallationen Luthers im Zusammenhang mit Entwurfszeichnungen, Diagrammen, Zitaten und Briefen.
Neben den klassischen Lichtobjekten aus konkav gewölbten Hohlspiegeln, die durch Spiegelung eine lichthafte, in den Realraum ausgreifende Phänomenalität vor den Objekten erzeugen, werden Rauminstallationen gezeigt, in denen Rauch zu einem Medium des Lichts wird.
In dem abgedunkelten Focussierenden Raum (1968) liegen einundvierzig Hohlspiegel auf dem Boden, die von Scheinwerfern an der Decke angestrahlt werden. In dem Moment, da Rauch in die Lichtkegel dringt, werden die Brennpunkte sichtbar. „Es entsteht die energetische Plastik. Sie ist ein ätherisches Gebilde der Veränderlich- und der Vergänglichkeit.“ (Adolf Luther) Im Laser-Raum (1970) trifft ein Laserstrahl auf eine sich langsam drehende Plexiglasscheibe, die mit einem Flachspiegel verbunden ist, und löst sich in linienförmige Strahlen auf, die den Raum plastisch artikulieren. Rauch lässt den Laser rubinrot aufglühen.
In dem Mondprojekt Festival 2000 (1976) hat Luther die Idee des lichterfüllten Raumes auf den Kosmos erweitert: eine kosmische Installation, die vorsah, mittels Spiegelsatelliten auf die dunkle Seite des Mondes einen Lichtpunkt zu setzen, sichtbar für die ganze Welt. Die Installationen, Projekte wie auch die Modelle der Installationen sind im Obergeschoss vom Museum Haus Lange nun wieder zu erleben.

Adolf Luther Stiftung